Botulinumtoxin-Typ A-Therapie der Kaumuskulatur
Knapp jeder Fünfte leidet tagsüber unter übermäßigem Zähneknirschen oder Zähnepressen, dem sog. Wachbruxismus. Etwa die Hälfte dieser Patienten leiden unter diesem Problem auch nachts. Diese dauerhafte Aktivität der Kaumuskulatur trainiert die Kaumuskeln übermäßig, insbesondere der große Kaumuskel im Bereich des Kieferwinkels, der Musculus Masseter, ist hiervon betroffen. Es kommt zu einer immer weiter voranschreitenden Verdickung des Muskels, die sogar zu einer eckigen Veränderung der Gesichtsform führen kann.
Sofern keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden, kann der Muskel die Zahnoberflächen beim Knirschen teilweise beschädigen. Viele Patienten suchen einen HNO-Arzt dann zunächst mit Schmerzen im Bereich des Ohres auf.
Indikation:
Die Botoxtherapie der Kaumuskulatur wird durchgeführt, um übermäßige Aktivität der Kaumuskeln zu reduzieren. Dies kann verschiedene medizinische oder ästhetische Gründe haben, darunter Bruxismus (Zähneknirschen), Tinnitus, Kiefergelenkbeschwerden, Spannungskopfschmerzen oder ästhetische Veränderungen im Gesicht.
Vorbereitung: Vor der Behandlung wird eine gründliche Untersuchung des Kiefers und der Kaumuskulatur durchgeführt, um die genaue Dosierung und Positionierung des Botulinumtoxins (Botox) zu bestimmen. Der Patient wird über den Ablauf der Behandlung, potenzielle Risiken und erwartete Ergebnisse informiert.
Was ist Botulinumtoxin A?
Botulinumtoxin A, landläufig auch mit einem der verfügbaren Handelsnamen Botox® bezeichnet, ist ein natürlich vorkommendes Protein. Es wird zur Verwendung in der Medizin im Labor hergestellt. Durch die Übertragung von Signalen von Nervenzellen auf einzelne Muskeln und einige Drüsen werden diese teilweise oder vollständig für bis zu 6 Monate gehemmt. Bekannt ist Botulinumtoxin A vor allem aus der ästhetischen Medizin, wo es meist zur Behandlung von Falten oder bei übermäßigem Schwitzen eingesetzt wird. Auf Grund der ausgezeichneten Wirksamkeit werden nur geringste Mengen von Botulinumtoxin A benötigt. So kann der gewünschte Effekt erzielt werden, ohne dass allergische Reaktionen oder Unverträglichkeiten beschrieben sind. Auch den ganzen Körper betreffende Nebenwirkungen sind nicht anzunehmen.
Behandlungstechnik:
Bei der Botoxtherapie der Kaumuskulatur wird das Botulinumtoxin mit einer feinen Nadel direkt in die betroffenen Kaumuskeln injiziert. Das Toxin wirkt, indem es die Freisetzung bestimmter Neurotransmitter blockiert, die für die Muskelkontraktion verantwortlich sind. Dadurch entspannen sich die Kaumuskeln, was zu einer Reduzierung von Zähneknirschen, Kiefergelenkbeschwerden und Spannungskopfschmerzen führen kann.
Anästhesie:
In der Regel wird die Botoxtherapie der Kaumuskulatur ohne Anästhesie durchgeführt. Der Einstich der Nadel wird als minimal schmerzhaft empfunden. Bei Bedarf kann jedoch eine örtliche Betäubung oder eine oberflächliche Betäubungscreme angewendet werden, um Unannehmlichkeiten zu minimieren.
Nachsorge:
Nach der Behandlung kann es zu leichten Schwellungen oder Rötungen an den Injektionsstellen kommen, die jedoch in der Regel innerhalb weniger Stunden abklingen. Es wird empfohlen, in den ersten Stunden nach der Behandlung keine starken Mimikbewegungen oder Druck auf die behandelten Bereiche auszuüben. Die meisten Patienten können sofort nach der Behandlung zu ihren normalen Aktivitäten zurückkehren. Häufig sind zusätzlich zu den Schmerzen auch Abnutzungen im Bereich der Zahnoberflächen zu finden, die durch den Zahnarzt festgestellt werden. Ein Besuch beim Zahnarzt mit evtl. beginnen einer Schienentherapie ist somit empfehlenswert.
Risiken und Komplikationen:
Obwohl die Botoxtherapie der Kaumuskulatur in der Regel sicher ist, können wie bei jeder Behandlung Risiken auftreten. Dazu gehören vorübergehende Schwäche benachbarter Muskeln, vorübergehende Kopfschmerzen oder Unwohlsein sowie sehr selten allergische Reaktionen. Es ist wichtig, alle Risiken mit Ihrem behandelnden Arzt zu besprechen und alle Fragen oder Bedenken vor der Behandlung zu klären.
Wann keine Behandlung mit Botox durchgeführt werden sollte:
Aus Sicherheitsgründen wird in folgenden Fällen von einer Behandlung mit Botox abgeraten:
- bei Muskelerkrankungen
- bei Entzündungen im zu behandelnden Bereich
- kurz nach einer Antibiotikabehandlung oder im akuten Infekt
- während der Schwangerschaft oder Stillzeit
Ergebnisse:
Die meisten Patienten erleben innerhalb von einigen Tagen bis zu einer Woche nach der Behandlung eine spürbare Reduzierung von Zähneknirschen, Kiefergelenksbeschwerden oder Spannungskopfschmerzen. Bei vielen Patienten kommt es erfreulicherweise bei nebenbefundlich bestehendem Tinnitus gehäuft zu einem Rückgang des Ohrgeräusches. Bis die vollständige Wirkung des Botulinumtoxins einsetzt, kann es bis zu 2 Wochen dauern und hält dann ca. 3-6 Monate an. Wiederholte Behandlungen können erforderlich sein, um langfristige Ergebnisse aufrechtzuerhalten
Kosten:
Die Behandlung mit Botulinumtoxin A ist noch nicht Teil des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenkassen. Die Kosten betragen etwa zwischen 350 EUR und 550 EUR (Richtwert, die Berechnung erfolgt immer individuell) und sind daher zunächst privat zu tragen. Gegebenenfalls übernehmen Zusatzversicherungen oder private Krankenversicherung die Therapie jedoch teilweise oder in manchen Fällen sogar vollständig.